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Neuigkeiten
11.03.2022, 18:25 Uhr
Eine alte Schürze erzählt ihre Geschichte
Neues Objekt in der Ausstellung „100 x Frankfurt“
Frankfurt am Main, 11. März 2022 - Das neue Objekt mit der Nummer 100 in der Ausstellung „100 x Frankfurt“ des Historischen Museums Frankfurt ist eine Haushaltsschürze zur Aufbewahrung von Wäscheklammern.
Dr. Jan Gerchow, Direktor des Historischen Museums Frankfurt, mit Dr. Andreas Eichstaedt (v.l.)
Das Stück aus grobem Wollstoff wurde nach dem Zweiten Weltkrieg aus ehemaliger Häftlingsbekleidung geschneidert und in einer Frankfurter Familie sorgsam aufbewahrt und bis zuletzt verwendet.

Im Reisegepäck eines der circa 100.000 „Heimatvertriebenen“, die nach 1945 aus Mittel-und Osteuropa nach Frankfurt kamen, befanden sich auch Altkleiderstücke aus Häftlingsbekleidung und Uniformen. Der „Deutschstämmige“, 1946 aus russischer Kriegsgefangenschaft entlassen, wurde aus seiner Heimatstadt Brünn/Brno in der tschechoslowakischen Republik abgeschoben und machte sich auf den Weg nach Westen.

Das Reisegepäck sollte gemäß der „Potsdamer Erklärung der Siegermächte“ 50 kg wiegen. Mangels Besitz war es mit Kleidungsstücken, wie Uniformresten und Häftlingskleidung, gefüllt worden. Angekommen in Frankfurt-Höchst, verwendeten die Vertriebenen bei ihrem Neubeginn alles, was noch brauchbar war. So wurde aus der Häftlingskleidung eine Haushaltsschürze; bis heute hält sie die Familienerinnerung an Vertreibung und Neubeginn wach.

Damit möchte der Enkel, der das Objekt 2018 in ein Projekt des Stadtlabors im Historischen Museum zur Migrationsgeschichte („Sammlungs-Check Migration partizipativ sammeln“) einbrachte, „der Gruppe von deutschen Heimatvertrieben eine Stimme geben.“ Handelt es sich doch um die weitaus größte Gruppe von ‚Fremden‘, die in der Nachkriegszeit in Deutschland und in Frankfurt zugewandert sind. Lange vor der gewaltsamen Errichtung des „Protektorats Böhmen und Mähren“ durch Nazi-Deutschland im März 1939 war die Bevölkerung von Brünn/Brno, der zweitgrößten Stadt der Tschechoslowakischen Republik, überwiegend deutschsprachig: Um 1900 waren es 63 %, 1930 – nach Eingemeindung tschechischsprachiger Vororte – noch gut 20 %. Stand bis in die 1970er Jahre das Schicksal der geflüchteten und vertriebenen Deutschen im Zentrum deutscher Erinnerungskultur, so sind es seit den 1980er Jahren die NS-Verbrechen und ihre Opfer. Bis heute ist die Erinnerung an Flucht und Vertreibung in der Öffentlichkeit umstritten, sie wird vor allem im Familiengedächtnis tradiert. Erst seit 2021 gibt es ein öffentliches Museum dazu: das „Dokumentationszentrum Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ in Berlin.

Die Vitrine mit dem 100. Objekt der Galerie „100 x Frankfurt“ in der Dauerausstellung „Frankfurt Einst?“ wird immer wieder neu bestückt und verweist auf die aktuelle Stadtlabor-Ausstellung, jetzt auf: „Mit dem Stadtlabor auf Spurensuche im Heute. Frankfurt und der NS“. Dort, in Ebene 3 des neuen Ausstellungshauses, stehen Perspektiven der Erinnerung an NS-Unrecht in der heutigen Stadtgesellschaft im Fokus.

Weitere Informationen zur Galerie „100 x Frankfurt“: https://historisches-museum-frankfurt.de/de/frankfurteinst#HundertmalFrankfurt

Öffnungszeiten

Montag geschlossen

Dienstag bis Freitag: 10 bis 18 Uhr

Mittwoch: 10 bis 21 Uhr

Samstag und Sonntag: 11 bis 19 Uhr

 

Historisches Museum Frankfurt

Saalhof 1

60311 Frankfurt am Main

Tel. +49 69 212-35599

info@historisches-museum-frankfurt.de www.historisches-museum-frankfurt.de